SPACE 2063 - ABOVE AND BEYOND



Dies ist die dramatische Geschichte der "Wildcards" Nathan West, Shane Vansen, Cooper Hawkes, Vanessa Damphousse und Paul Wang, fünf junge Piloten, die im Jahre 2063 unter Colonel Tyrus Cassius McQueen auf dem Raumschiff Saratoga Dienst tun. Sie haben keine Zeit, um friedlich neue Welten zu erforschen, denn die Erde befindet sich urplötzlich in einem furchtbaren intergalaktischen Krieg mit einer bisher unbekannten außerirdischen Großmacht, von der die Terraner nicht mehr wissen, als daß sie ihre Kolonien mitleidlos vernichten...

Das ist die Grundlage der bisalng teuersten Science-Fiction-Serie der TV-Geschichte: SPACE: ABOVE AND BEYOND, die unter dem Titel SPACE 2063 auch deutsche Wohnzimmer in Schützengräben verwandelte. Der US-Sender FOX hoffte, nach seiner Erfolgsserie AKTE X einen weiteren phantastischen Quotenrenner produzieren zu können. Um auf Nummer Sicher zu gehen bediente man sich auch gleich bei den X-FILES, um die besten Serienproduzenten zu bekommen.
Eine der bedrohlichsten X-Akten war ja EIS. Dieses klaustrophobische Kammerspiel, in dem das Personal einer Forschungsstation von außerirdischen Parasiten befallen wird, machte Agent Mulders Devise "Traue niemanden" zum nervenzerfetzenden Zetralthema.
Verantwortlich für Drehbuch und Produktion dieses Fernseh-Juwels zeichneten sich die Produzenten Glen Morgan und James Wong, die als Autoren-Duo zwei wichtige Stützpfeiler für die Qualität von AKTE X waren. Doch während der zweiten Staffel stiegen beide aus - gerade, als die Serie enen "GOLDEN GLOBE" kassiert hatte!
Denn eine andere Aufgabe war Ihnen noch verlockender erschienen: das All nach eigenen Vorstellungen zu formen, zu besiedeln und zu zerstören - in einer eigenen Weltraumserie! Ein Jahr zuvor war FOX BROADCASTING mit diesem Angebot an sie herangetreten. Die Chefin des Senders wollte nach dem Welterfolg von STAR TREK - THE NEXT GENERATION auch eine Weltraum-Show in ihren Reihen haben. Der Wunsch der Dame hieß TOP GUN im Weltall.


DAS KONZEPT


Morgan und Wong verzogen den mund. Eine Space Opera, das sagte ihnen schon zu, aber nicht als oberflächlicher Heldenjubel, sondern als düsteres Kriegsdrama. Die beiden hatten nämlich nicht eine weitere positive Zukunftsvision à la STAR TREK oder BABYLON 5 im SInn, sondern eine harsche Schauermär über Angst und Terror, bei der sie sich auf den klassischen Antikriegsfilm IM WESTEN NICHTS NEUES, die episch-melancholischen Soldaten-Western eines John Ford, die epische Zweiter-Weltkriegs-Serie COMBAT!, die äußerst zermürbende Tauchfahrt DAS BOOT oder die angstdurchweichte Kriegsstimmung von ALIEN berufen wollten.

SPACE sollte wie AKTE X eine Serie werden, die mit Furcht und Entsetzen spielt, die langsam Abgründe sichtbar macht, das Grauen vorsichtig lokalisiert, nur allmählich dem Zentrum des Schreckens näher kommt. SPACE 2063 sollte das Kriegsdrama und -trauma der Zukunft werden und dabei genau wie die legendären Kavallerie-Western von John Ford (BIS ZUM LETZTEN MANN, DER TEUFELSHAUPTMANN, DER SCHWARZE FALKE) auch Probleme der Gegenwart reflektieren, nur daß die Weite des Westens durch die Tiefe des Weltalls und die barbarischen Indianer durch fremdartige Außerirdische ersetzt würden.
Trotzdem war klar, daß die Bedingungen des Senders zum Teil erfüllt werden mußten, weshalb man wie in TOP GUN junge Rekruten, die von der Ausbildung an die Front gelangten, in den Mittelpunkt stellte. Man wählte für die Wildcards bewußt einen Mix aller Rassen, ohne auf irgendwelche rassischen Differenzen einzugehen. Die sollten als überwunden dargestellt werden, um dem Zuschauer - egal ob gelb, schwarz, weiß oder rot - völlige Gleichheit zu signalisieren.
Völlige? Nicht ganz! Um trotzdem eine Rassenproblematik ins Konzept zu bekommen, erschuf man sich künstliche Menschen, sogenannte In Vitros, die abfällig und beleidigend auch "Tanks" genannt werden. Ein Konflikt, der ja ebenfalls in der Gegenwart fußt, da der Eingriff des Menschen in die "Schöpfung" bereits heute heiß diskutiert wird.
Das Nebeneinander von echten und künstlichen Menschen spielt eine große Rolle in SPACE. Das deutlichste Unterscheidungsmerkmal ist, daß die "In Vitros" ihren Nabel am Nacken haben. Sie werden durch künstliche Befruchtung gezeugt und wachsen in Brutkästen heran, bis sie das 18. Lebensjahr erreicht haben. Dann werden sie aus ihrem jahrelangen Schlaf erweckt. Da sie nie die zärtliche Bindung einer Familie oder eines Freundeskreises erfahren haben, sind sie gefühllos, gleichgültig und egoistisch. Sie wurden vor allem geschaffen, um die gefährlichen Als zu vernichten.
"Al" steht für "Artifical Intelligence" - künstliche Intelligenz. Diese schon früher entwickelten Lebewesen sind eine Art Personal-Computer in menschlicher Gestalt, und verfügen über große körperliche Kraft. Ursprünglich konnten sie nur abstrakte Denkprozesse nachempfinden, ohen selbst kreativ zu sein. Ein irrer Forscher aber gab ihnen durch einen Virus die Möglichkeit zu lernen, und sie lernten als erstes, daß sie nicht länger Diener, sondern Herrn sein wollten und begehrten gegen die Menschen auf. Mord und Zerstörung waren waren die Folge. Man schuf die "In Vitros", um sie zu stoppen. Inzwischen sind diese dabei, sich Gleichberechtigung zu erkämpfen - aber im Gegensatz zu den Als nicht mit Feuer und Schwert!

Für SPACE wurden ausschließlich junge unbekannte Darsteller für die Hauptrollen engagiert. Sie erleichtern einem vorwiegend jungem Publikum die Identifikation mit den Helden. Viele der unverbrauchten Gesichter sollten durch die Serie sehr Populär werden, vor allem Kristen Cloke, Rodney Rowland, Morgan Weisser, aber auch der "Oldie" James Morrison brachte viele Fan-Herzen zum Schmelzen.
Ob Menschen oder "In Vitros" - wichtig war für Morgan und Wong, daß es differenziert dargestellte Charaktere sind, die in der Armee aufeinandertreffen und wider alle Erwartung (es herrscht Frieden auf der Erde, außerirdische Rassen sind keine bekannt) mit dem Tod konfrontiert werden, als kriegerische Aliens, die "Chigs", auftauchen. Da viele Veteranen-Piloten in den ersten Kämpfen verschlissen wurden, müssen die Greenhorns in die Hölle der Schlacht. Jeder hat einen schwarzen Fleck in seiner Vergangenheit, der sein weiteres Leben überschattet.
Das Besondere an SPACE war, daß es sich stark von der unproblematischen, friedensseligen Zukunft des Raumschiffs Enterprise und seiner psychisch gefestigten Charaktere unterschied. Glen Morgan erklärte dazu frech: "Diese Serie ist eigentlich für meinen Dad. Mein Dad sagte nähmlich immer: "Weißt du, Sohn, ich möchte wirklich gern STAR TREK anschauen - aber all die Kerle mit großen Ohren!""
Morgan und Wong sahen ihre Serie auch gar nicht in erster Linie als Science Fiction sondern als Kriegsfilm. Daß es eine moderne Art von Kriegsfilm ist, bei der Frauen und Männer nebeneinander kämpfen und viel Abenteuer und auch Melodram reingemischt wird, anstatt nur martialische Szenen aneinanderzureihen, versteht sich. Die Produzenten nannten als eines ihrer Vorbilder die US-Serie COMBAT! über eine Einheit, die den Zweiten Weltkrieg überstehen muß.
COMBAT! war ein TV-Hit, der vom 02.10.1962 bis zum 14.05.1967 lief - mit insgesamt 152 Episoden, die oft von bekannten Regisseuren inszeniert wurden und diverse populäre Gaststars hatten. Bei uns ist diese TV-Serie aus naheliegenden Gründen nie gelaufen, erzählte sie doch die Geschichte einer US-Truppe, die 1944 in Frankreich einen täglichen "Klein"krieg gegen die deutsche Kriegsmaschinerie führt.
COMBAT! war keine kampfverherrlichende Action-Show, sondern darum bemüht, Schrecken und Wahnsinn des Krieges in nüchternen Bildern festzuhalten. Es wurde aufgezeigt, wie Soldaten und Zivilisten als Spielball der Mächtigen in ein Inferno aus Schmerz und Tod hineingezogen werden, in dem der nackte Überlebenskampf bald nur noch die einzige Motivation ist.
Morgan, der den X-FILES noch mit einem halben Auge nachweinte, wollte die Perspektive des kleinen Soldaten zeigen, "der mitten in der Schlacht die militärischen Ziele aus den Augen verliert und nur noch daran denkt, sich und seine Freunde zu retten". Und James Wong wollte, daß sich der Zuschauer einmal fragt: "Woran glaubst du eigentlich? Wofür wärst du bereit dein Lebn zu opfern?"
Glen Morgan meinte abschließend: "SPACE ist wie COMBAT im All. Sicher werden auch einige Leute sagen, es sei wie Robert A. Heinleins Roman STARSHIP TROOPERS oder Joe Haldemans Roman DER EWIGE KRIEG, und das ist ganz o.k., denn das sind ja auch Science-Fiction-Kriegsgeschichten."

Drehort des Pilotfilms war Australien. Den Pilot inszenierte David Nutter, ebenfalls ein alter Bekannter aus AKTE X (u.a. Regisseur von EIS), der allerdings im Gegensatz zu Morgan und Wong und zum anfänglichen Ärger von X-FILES-Erfinder Chris Carter ohne rechtzeitige Vorankündigung aus der Hitserie ausgestiegen war.
Nutter mußte im Frühjahr 1995 in sechs Wochen Drehzeit eine Fülle unterschiedlicher Sets bewältigen: von einer Air-Force-Basis, auf der die Grundausbildung stattfand, bis zu hitzflirrenden Sabddünen in der Wüste, die den Mars repräsentierten. Die letzte und größte Herausforderung war die finale Schlacht im Weltraum, bei der einiges an Blue-Screen-Arbeit anfiel.
Allerding fand bei SPACE die Blue Screen nur noch Verwendung, wenn Schauspieler in die Szene integriert waren, Dann saßen sie z.B. in einem Cockpit, das vor einer blauen Wand stand, die später mit dem Sternenhimmel gefüllt wurde. Alle reinen Raumschiff-Szenen hatten weder was mit fliegenden Modellen noch mit Blue Screen zu tun. Diese Effektaufnahmen kamen nämlich direkt aus der Hexenschmiede des Computers, sind also "computer-generated-images", sogenannte CGIs.
Nutter war mit dem Pilot zu SPACE nur bedingt zufrieden. Da die Macher wechselnde Zugeständnisse aus der FOX-Riege über sich ergehen lassen mußten, wurden immer wieder neue Prioritäten gesetzt: "Die ersten wollten, daß der Pilotfilm ein militärisches Training zeigt, die nächsten mehr Gags und High Tech, und die letzten fanden, es sei zu wenig Drama drin." Aber Nutter war überzeugt, daß sich diese Anlaufschwierigkeiten im Veraluf der Serie legen würden.
Als die FOX-Verantwortlichen einen Rohschnitt des Pilotfilms zu sehen bekamen, waren sie zu frieden mit dem spektakulären Werk und orderten zwölf weitere Episoden. Schlau wie sie waren, hatten Morgan und Wong im Pilotfilm die abenteuerlichen Sternenkriegselemente betont, die sich der Sender so wünschte, und begannen erst im Verlauf der Serie den kampfesfrohen TOP GUN-Einfluß abzumildern und alles in Düsternis zu tauchen.
Nach dem O.k. machten sich Morgan und Wong daran, den Autoren- und Regisseure-Stab für SPACE zusammenszustellen. Jetzt stieß Marilyn Osborn hinzu, die nicht nur für den Fantasy-Überraschungserfolg EIN HAUCH VON HIMMEL gearbeitet, sondern auch bereits die gelungene X-Akte VERWANDLUNGEN geschrieben hatte.
Zur Freude der Schauspieler, die im abgelegenen Australien ein von ihren Familien abgeschnittenes Dasein hatten führen müssen (was freilich ihrer authentischen Darstellung sehr zugute kam), wechselte man nun nach Los Angeles, da die weite Entfernung und die verschiedenen Zeitzonen die Arbeit an einer wöchentlichen Serie erschwert hätten. Die kompletten Sets wurden deshalb per Schiff nach L.A. transportiert, wo am 17.Juli 1995 die Dreharbeiten begannen.


DIE EFFEKTE


Nach dem Willen der Produzenten Morgan und Wong solle die Effekte von SPACE 2063 durch eine atemberaubende Computer-Animation entstehen. Tricktechnisch sollte das Beste geboten werden. Dabei hatte alles in der Küche von Ken Stranahan begonnen. Der SFX-Spezialist besaß drei Computer, und sein Kollege Tim McHugh immerhin einen. Macht zusammen vier. Die stellten sie in Kens Küche und produzierten fast ein Jahr lang zwischen Kochtöpfen, Herdlappen und Geschirrschränken aufwendige Spezialeffekte.
Stranahan und McHugh hatten sich bei der produktion des Pilotfilms von SEAQUEST kennengelernt. Als die Abenteuer des U-Boots als Serie weiterproduziert wurden, ging McHugh, der bereits bei KAMPFSTERN GALACTICA und BUCK ROGERS mitgetrickst hatte, von Bord, während Stranahan für die gesamte erste Staffel anheuerte. Ein gutes Jahr später kam McHugh wieder auf Stranahan zu, und kurz darauf taten sich die zwei zusammen und gründeten ihre Effekteschmiede "Area 51". (UFO-Kenner wissen, daß dieser Begriff ein strenggeheimes Regierungsgelände in Nevada bezeichnet.)
Sie hatten bald ihre ersten Jobs, u.a. bei DEEP SPACE NINE und Clive Barkers LORD OF ILLUSIONS. Es dauerte nicht lange, da mußten sie aus der Küche raus und sich auch technisch und personell erweitern. Erst recht, als ihre Laufbahn durch die Beteiligung an SPACE gekrönt wurde.

Bei SPACE 2063 war Ken Stranahan "digital animation supervisor", Tim McHugh "visual effects producer" und ihr Kollege Glenn Campbell "visual effects supervisor". McHugh und Campbell entschieden über das Ambiente der Serie und beeinflußten mit ihrer Arbeit auch die Rasanz der Action. Glenn Campbell mußte als "supervisor" am Set anwesend sein, um die Dreharbeiten mit den Schauspielern zu überwachen - vor allem, was Aufnahmen vor einer Blue Screen betrifft, jener blauen Wand, in die später am Computer der tatsächliche, aber künstlich erzeugte Hintergrund hineinkopiert wird. Campbell achtete darauf, daß das, was gedreht wird, später mit dem Material der SFX-Künstler am Computer kombinierbar ist.
Die führenden Köpfe von "Area 51", Ken Stranaham und Tim McHugh, wollten sich mit ihrer Arbeit von BABYLON 5 absetzen, der anderen populären Serie, die einzig auf CGIs zurückgreift. Jeder Fan von Jerry Doyle oder Claudia Christian weiß, daß die BABYLON 5-CGIs etwas sehr Künstliches an sich haben (wie ja überhaupt die ganze Atmosphäre der Station und die vielen skurrilen Aliens). Das paßt zwar vorzüglich zu der intelligenten Spacecenter-Serie, hätte aber einer dunklen Schauermär wie SPACE eher geschadet.
Darum gab es für die beiden SFX-Künstler nur eins: DIe Effekte mußten so echt sein, daß sie geradezu photorealistisch wirken würden, d.h. obwohl sie am Computer gemacht werden, sollten sie so wirklichkeitsgetreu aussehen, daß sich der Zuschauer erstaunt an den Kopf fassen und murmeln würde: "Wow, wo haben die das gedreht?"
Für die Rauchiffe mußte "Area 51" eng mit Produktionsdesigner Bernhard Hides zusammenarbeiten, der das Design von Schiffen, Gebäuden oder Räumen entwarf. Da man sich aber schon von Beginn an zusammensetzte und über das Aussehen der Zukunft diskutierte, flossen Ideen von beiden Seiten in das Endprodukt ein. So hielt sich Animationskünstler Scott Wheeler beim Alien-Schiff zwar relativ genau an die Zeichnungen der Designer, doch die sind eben nur zweidimensional und können erstens nicht alles zeigen und zweitens wirkt manches an einem dreidimensionalen Objekt ganz anders.
Solche Schwächen änderte Wheeler dann selbst oder konstruierte Seitenteile, die in keiner Zeichnung vorgegeben waren. Er verbesserte das, was bei einem sich auf dem Bildschirm bewegenden Objekt falsch wirken würde. Auch bei der Saratoga kam es zu einer Zusammenarbeit. Ihr grundsätzliches Aussehen kam von den Produktionsdesignern, aber einzelne Details (z.B. wie sich Türen öffnen) wurden von den Animationskünstlern entworfen.

Die Saratoga mußte sogar zwei Wochen, bevor die Film-Aufnahmen am Computer erstellt werden sollten, noch einmal neu "zusammengebaut" werden. Die Produktionsdesigner roefen nämlich plötzlich bei "Area 51" an, redeten erst um den heißen Brei herum und erklärten dann etwas kleinlaut, daß es ja seit langem auch noch ein alternatives Design für die Saratoga gäbe (das "Area 51" bis dahin nicht einmal zu Gesicht bekommen hatte!), welches die meisten eigentlich ja viel schöner finden würden.
Langer Rede kurzer Sinn: Ob man nicht vielleicht besser dieses Design zur Grundlage nähme, da die Saratoga schließlich das Stammschiff der Serie sei und Woche für Woche über den Bildschirm flimmern werde? Animationskünstler Karl Denham und seine Kollege sahen das auch ein, aber die Arbeit begann jetzt praktisch noch mal von vorne. Immerhin konnte man manche Teile der alten Version nehmen und modifiziert weiterverwenden.
Da Morgan und Wong bei SPACE den düsteren Look von AKTE X weiterführen wollten, ist der Weltraum vor allem ein schwarzes unheimliches Nichts, aus dem sich nur Planeten abheben. Selbst die rasant herandüsenden Kriegsraumschiffe fügen sich mit ihren unauffälligen Farben ins düstere Welt(all)bild ein. Der eher harmlose, farbenfrohe Sternenkrieg à la STAR WARS wird mit dem düsteren Nihilismus von ALIEN gekreuzt!
Als Vorlage präsentierten Morgan und Wong "Area 51" aber auch Kriegsfilme über den 2.Weltkrieg. Das harte kompromißlose Schwarzweiß dieser alten Streifen sollte in Farbe übertragen werden. Während die dominierende Science-Fiction-Serie STAR TREK jahrelang ein sauberes lichtes All gepredigt hat, betont SPACE im Sog der mysteriösen X-Akten das Schwarz des Sternenhimmels und die dunklen Schatten auf fremden Welten.
Und so nähert sich SPACE für einen Farbfilm sehr stark den Hell-Dunkel-Kontrasten eines Schwarzweißfilms, wenn das Schwarz des Alls und das Weiß von Sonnen oder Planeten aufeinandertreffen. Während die Schiffe der Vereinigten Erde immerhin "nur" tarnfarben sind, schimmern die Schiffe der Aliens sogar in - Schawrz!
"Schwarze Raumschiffe im Weltall sind ja nicht gerade ein großartiger Einfall", schmunzelt Scott Wheeler, einer der Animationskünstler, die bei "Area 51" hinterm Computer sitzen. Er löste das Problem, indem er das Schiff entweder so filmte, daß es ein Lichteinfall von seinem Hintergrund abschälte, oder - wenn das nicht möglich war - ein leichtes blaues Flimmern um das Schiff legte, damit es so von der Pechschwärze abgetrennt würde.
Die Jungs (und natürlich das Mädel: Clare Ragge) von "Area 51" haben sogar Einfluß auf die Handlung genommen. Die Schlacht gegen die Aliens im Asteroidengürtel war ursprünglich kaum zu sehen. Die Raumschiffe werden zusammengeschissen - Schnitt - auf der Saratoga lobt der Colonel: "Gute Arbeit, Jungs, fliegt heimwärts!" Aber dann schlugen die CGI-Fachleute vor, das Ganze doch etwas spektakulärer zu gestalten und entwarfen am Computer all die dramatischen Fighter-Gefechte, die sich nun zu einer heißen Schlacht in der Kälte des Alls zusammenfügen und James Wong ein erstauntes "Mann, ist das cool!" entlockten.

Um einen größtmöglichen Realismus zu erreichen, gingen die CGI-Zauberer sogar soweit, den am Computer simulierten Kamerabewegungen bewußt etwas von ihrer Leichtigkeit und Eleganz zu nehmen. Wenn man mit einer echten kamera einem vorbeirasenden Formel-1-Rennwagen zu folgen versucht, wird man große Schwierigkeiten haben, das Geschoß im Bild zu behalten. Obwohl es bei computererzeugten Aufnahmen logischerweise kein Problem ist, jedem Objekt mühelos zu folgen, weil ja sowieso alles simuliert ist, versuchte man auch bei den bewegten CGI-Aufnahmen das Gefühl zu erwecken, als würde die Kamera einen vorbeirasenden Fighter gerade noch im Blick behalten.
Realismus war immer das oberste Gebot, auch darin waren moderne Klasiker wie STAR WARS und ALIEN ein Vorbild. Gegenstände müssen auch mal gebraucht aussehen, der Verschleiß von Bauten, Stationen, Schiffen muß sichtbar werden, und wo Verschmutzung oder Verwitterung angebracht sind, sollen sie auch zu finden sein.
Tim McHugh ist stolz darauf, daß sich die SPACE-Welt stark von anderen SF-Filmen unterscheidet: "Unsere Raumschiffe haben Brandmale und versengte, schmierige Flecken, man kann die Nieten an der Außenhülle erkennen."
Allein für die ersten drei Episoden kreierte Computer-Zauberer Ken Stranahan bereits über 150 CGIs. Für das Überlebenstraining auf dem Mars mußten Bild für Bild die Farben der australischen landschaft verändert werden: Der eigentlich weiße Sand wurde rot eingefärbt, der blaue Himmel pink.
Insgesamt waren acht Computer am Werk, um die Welt von SPACE perfekt zu illustrieren. Zum Vorteil der Computeranimation gehört es auch, daß Raumschiffe nicht mehr wie bei konventionellen Trickaufnahmen eine matte Oberfläche haben. Das war früher Pflicht, weil jedes Glänzen Reflexe im blauen Hintergrund verursacht, die die Blue-Screen-Effekte ruiniert oder zumindest unsinnig erschwert hätte. Bei CGIs aber können Raumschiffe endlich schimmern.
Es ist kaum zu glauben, daß aus einer nicht sonderlich großen Kochküche eine der heißesten Hexenküchen der hochmodernen Computer-Effekte geworden ist. SPACE 2063 setzt neue Maßstäbe für SFX auf dem heimischen Bildschirm. Aber diese glanzvollen Effekte kosten auch Geld und haben mit den grandiosen Kulissen dazu beigetragen, daß SPACE am Ende im Weltall verlorenging. Wie mancher SPACE-Schauspieler wurden mittlerweile auch Mitarbeiter von "Area 51" für AKTE X verpflichtet (z.B. Glen Campbell für Ep.76 HOME).


DAS ENDE


SPACE: ABOVE AND BEYOND lief sich in den USA gut an, so daß nach dem Pilotfilm eine komplette Staffel (22.Episoden) produziert wurde. In Deutschland startete die Serie bei dem kleineren Privatsender VOX, und ist inzwischen auch bei Pro 7 zu sehen.
Begleitet wurde SPACE bei uns von einer großen Werbekampagne in allen Fachzeitschriften, wobei man neben den üblichen positiven Anzeigen auch bewußte Negativwerbung veröffentlichte. So rief unter der Aufschrift BOYKOTTIERT SPACE! ein fiktiver Verein zur Wahrung sauberer Bildschirme dazu auf, diese unmoralische Ami-Serie auf gar keinen Fall einzuschalten. Auch wenn die Rechnung der Marktstrategen insofern aufging, daß mancher empörte Leser aus purem Trotz SPACE einschaltete, rutschten die Quoten immer mehr in den Keller.
Obwohl sich ein begeistertes Fanpublikum fand, in dem trotz der kriegerischen Thematik überraschend viele Frauen waren, so gelang es SPACE doch nicht, in Deutschland die so wichtige breite Masse für sich zu gewinnen, die z.B. bei AKTE X neben den harten Fans zu den wöchentlichen Einschaltern zählt.
Frauen als emanzipierte Soldatinnen darzustellen, verschaffte der Serie wohl die große Popularität bei den weiblichen Zuschauern. Vor allem Shane Vansen wurde für viele zur Heldin und Vorbildfigur, eine Rolle, die mancher Fan auch auf Kristen Cloke übertrug, was der jungen Schauspielerin freilich weniger gefiel.
Als Quoten und damit Werbeeinnahmen die hohen Kosten nicht tragen wollten, ereilte die Serie trotz des hohen Kultcharakters der Todesstoß von Seien FOX TELEVISION. Ausgerechnet das angepeilte und auch voll erfüllte hohe technische Niveau, hatte einer Serie das Genick gebrochen, die trotz einiger Landserbanalitäten auf dem Weg zu einer der anspruchsvollsten Sternensagas des TV-Kosmos war.

Glen Morgan und James Wong nannten SPACE: ABOVE AND BEYOND immer eine Kriegsserie, und das stimmte auch, denn mehr als es je eine andere Science-Fiction-Serie oder ein -Film geschafft hat, vertiefte sich diese brillante Serie in die Psyche zukünftiger Soldaten. Aber wer denkt, SPACE wäre eine Kriegstreiber-Serie, der irrt gewaltig. SPACE verharmloste den Kampf nicht wie STAR WARS zu einer lustigen Phaser-Ballerei, sondern es zeigte die Angst, den Schmerz, den ganzen Irsinn, den ein solcher Krieg mit sich bringt.
SPACE war eine Serie, die die Schattenseiten des Lebens nicht aussparte. Hier war nicht einfach alles Friede, Freude, Eierkuchen. Die Figuren von SPACE waren keine furchtlosen Abzieh-Helden, sondern ganz normale Menschen, die ihre persöhnlichen Probleme und gleichzeitig ihren Job bewältigen mußten. Die Schatten der Vergangenheit lasteten auf jedem von ihnen - und es kam darauf an, sie im rechten Moment zu verjagen, um überleben zu können.
Diese Figuren sind uns vertraut geworden wie alte Bekannte: Nathan West, der seine Freundin Kylen verloren hat und verzweifelt nach ihr Ausschau hält; Shane Vansen, die noch so oft von der Ermordung ihrer Eltern gequält wird und das Grauen in sich bewältigen muß; der In Vitro Cooper Hawkes, der immer wieder aufbegehrt, aber von seiner Sehnsucht nach einer Familie getrieben wird und in Colonel McQueen einen Vaterersatz und in Shane eine "Schwester" findet...
Nach einem guten, aber nicht überwältigenden Pilotfilm hatte sich die Serie - trotz einiger Durchhänger im Mittelteil - kontinuierlich weiterentwickelt. Als sie ein bißchen schwächer zu werden schien, erholte sie sich plötzlich noch einmal in einem wahrhaft furiosen Finale, das die Akteure in höchste Gefahr brachte und dann den Zuschauer mitten im Regen stehen ließ!
Offenbar kam das Aus für die Serie so überraschend, daß Glen Morgan und James Wong keine Möglichkeit mehr hatten, die letzten Folgen umzuschreiben und SPACE zumindest noch zu einem runden Ende zu führen. Deswegen findet alles ein aufregendes Cliffhanger-Ende, das natürlich Anreiz für eine zweite Staffel bieten sollte.
Eine zweite Staffel, die es aber nicht mehr geben sollte ...
Andererseits deutet auch manches darauf hin, daß Morgan und Wong den Braten gerochen haben, zwar noch nicht offiziell vom Ende ihrer Serie erfahren hatten, aber wohl spürten, daß ihnen der Aufwand bei dieser Quotenkonstellation das Genick brechen würde.
Warum sonst sollten sie plötzlich gegen Ende der Staffel so wichtige Geheimnisse lüften wie das Aussehen der Chigs und die Verbindung zwischen Aerotech und Aliens. Und warum sonst sollen sie plötzlich friedliche Klänge mitten im brutalen Krieg ertönen lassen?
Daß sie trotzdem zu einemso negativen Ende griffen, läge - so geht diese Spekulation weiter - weniger daran, daß dies als Cliffhanger zur Spannungssteigerung gedacht sei, sondern Morgan und Wong wollten alle Brücken hinter sich abreißen und durch den mutmaßlichen Tod ihrer Helden verhindern, daß jemand anders das von ihnen kreierte Serienkind fortführen würde.

Sah es eine Zeitlang so aus, als würde FOX bei den SPACE-Wiederholungen noch einmal die Zuschauerresonanz testen und eventuell eine schlecht laufende Serie kippen, um SPACE doch noch weiterzuführen, so besiegelte der endgültige Abriß der Kulissen alle Hoffnungen auf eine Fortsetzung. Es ist auch fraglich, ob FOX SPACE eines Tages in TV-Film-Form wieder aufleben läßt wie beim ebenfalls voreilig von FOX eingestellten ALIEN NATION, denn SPACE ist halt um Klassen teurer. Wo wir schon wieder bei den leidigen Quoten wären...
Immerhin haben Invasions-Stories seit INDEPENDEMCE DAY ja in Film und Fernsehen Hochkonjunktur, und so mancher fragt sich, wie FOX so blöd sein konnte und eine aus dem Programm schmeißen konnte. Es gibt ein zwetes Gerücht, bei dem gemunkelt wird, man hätte das ungeliebte SPACE, das für den Geschmack des Senders viel zu düster und schattig geraten wäre, aus dem Weg geräumt, um einer anderen TV-Invasion den Weg zu bahnen, der Fernsehserie zum FOX-Hit INDEPENDENCE DAY, der als wahrer Jubeltrubelfreiheitskampf den sonnigen Gemütern der Fox-Bosse onehin näher läge.
Glen Morgan und James Wong jedenfalls sind längst wieder zu den X-FILES zurückgekehrt und arbeiten dort mit einer Frische, als wären sie nie fort gewesen. Für ihre einstigen Schützlinge sorgen sie nebenher auch ein bißchen: Kristen Cloke und Morgan Weisser durften jeweils in einer ihrer X-Akten auftreten, während sich James Morrison in MILLENIUM zeigte.
Morrison hat auch in einem Interview ein bißchen über den mutmaßlichen SPACE-Fortgang verraten. Laut "Colonel McQueen" wurden Morgan und Wong vom Sender wirklich kalt erwischt, planten eigentlich, den spektakulären Cliffhanger mit seinen dunklen Schicksalsschlägen zu Beginn der 2. Staffel aufzuhellen und hatten auch sonst einiges ausgetüftelt.
Morrison erklärt zu dem kompromißlosen Finale: "Das Drehbuch wurde geschrieben, bevor wir von der Absetzung erfuhren, und die Dreharbeiten waren bereits abgeschlossen. Ich sprach mit Glen Morgan und James Wong darüber, was in der nächsten Season mit McQueen geschehen würde - er sollte eigentlich zur Erde zurückkehren und sich dort mit der zivilen Seite seines Charakters beschäftigen. Nach vier oder fünf Folgen wäre er dann wieder an die Front zurückgekehrt."
Und was ist mit den anderen? Mit Vansen, Damphousse und Wang? "Die Tür für eine Fortsetzung sollte offengelassen werden, so daß Vansen und Damphousse wohl überlebt haben. Was Wang betrifft - nun, in dem Skript, das ich las, wurde auch er nicht getötet. Ich denke, die Staffel sollte einfach als Cliffhanger enden - und so, wie ich es sehe, tut sie das auch ..."

Wir wollen hoffen, daß James Morrison recht hat und einst der Tag kommen wird, an dem doch noch ein TV-Film diese offene Ende Schlißt und damit der ambitionierten Science-Fiction-Serie mit ihrer tollen Mischung aus Kriegsdrama, Sternen-Alptraum und Persöhnlichkeitsfindung einen adäquaten Abschluß gibt.